Vom Live-Angebot zum Selbstlernkurs - so gelingt's
Du hast einen Live Workshop oder ein Training gegeben, eine Seminarreihe oder einen Live-Gruppen-Kurs gehalten und überlegst dir jetzt, wie du das weiterverwenden kannst?
In diesem Blog-Artikel erfährst du, worauf du achten solltest, wenn du daraus einen Selbstlernkurs erstellen möchtest.
Möchtest du lieber hören als lesen?
Zu diesem Blogartikel gibt es auch eine Podcast-Folge mit dem gleichen Inhalt.
Grundsätzlich versuche ich, mir nur die Arbeit zu machen, die wirklich nötig ist.
Wenn es aber darum geht, einen Kurs, den ich Live gegeben habe, in einen Selbstlernkurs umzuwandeln, würde ich nie und nimmer, einfach nur alles mitschneiden, und diese Aufzeichnung dann als Selbstlernkurs deklarieren.
Ich weiß, dass das in der Online-Business-Bubble oft gängige Praxis ist.
Aber bevor du jetzt direkt wieder wegklickst, lass mich dir erklären, warum ich dir davon abrate, eine Aufzeichnung von deinem Live-Angebot als Selbstlernkurs zu verkaufen.
Anschließend erfährst du, wie du aus deinem Live-Angebot einen ‚echten‘ Selbstlernkurs erstellen kannst.
Lass uns ein Experiment machen:
Stell dir vor, ich würde dir sagen:
„Schau mal, hier kannst du dir die Aufzeichnung von meinem Kurskonzept Workshop kaufen“
Oder
„Ich habe hier einen Selbstlernkurs für dich, wo du lernst, dein Kurskonzept zu erstellen.“
Wo erwartest du mehr?
Was fühlt sich für dich hochwertiger an?
Wofür wärst du bereit, mehr zu bezahlen?
Vermutlich der Selbstlernkurs.
Denn ein Selbstlernkurs ist einfach was anderes als eine Aufzeichnung.
Wichtige Anmerkung:
Mir geht es mit diesem Blogartikel nicht darum zu sagen, du sollst keine Aufzeichnungen mehr verkaufen.
Ganz im Gegenteil. Auch das hat seine Berechtigung und macht unter bestimmten Umständen Sinn.
Aber bitte biete es dann einfach nur als ‚Aufzeichnung‘ an, und nicht als Selbstlernkurs.
Denn die Leute erwarten von einem Selbstlernkurs mehr als von einer Aufzeichnung und niemand von den Teilnehmer*innen kommt mehr auf die Idee, dass ein Selbstlernkurs wie eine Aufzeichnung funktioniert.
Wenn du aber einen Selbstlernkurs erstellen möchtest, dann sollte es auch ein Selbstlernkurs sein, der die Bezeichnung auch verdient hat.
Der Unterschied zwischen Live-Kursen und Selbstlernkursen - aus medienpädagogischer Sicht
Live-Angebote (wie Webinare, Workshops, Gruppenprogramme, Trainings oder Seminar-Reihen) sind auf die Interaktion miteinander ausgerichtet.
Vom Format her ist es so gedacht, dass du innerhalb einer Gruppe, gemeinsam an einem Thema arbeitest.
Du kannst dich austauschen, Fragen stellen und machst dich nach und nach gemeinsam auf dem Weg zu deinem Lernziel.
Ein Selbstlernkurs hingegen ist dafür da - wie der Name schon sagt - dass du alleine mit Hilfe der Kursmaterialien an einem Thema arbeitest.
Die gesamte Gruppendynamik fehlt.
Damit der Kurs wirklich funktioniert, brauchst du meist andere Aufgabentypen, einen anderen Aufbau und eine abgewandelte Aufbereitung. (Aber dazu unten mehr.)
Manchmal verändert sich auch das Lernziel.
Und du brauchst einen Ersatz für das, was sonst durch die Interaktion der Teilnehmer*innen - sowohl mit dir, als auch untereinander – entstanden wäre.
Eine Aufzeichnung kann nicht das selbe leisten wie ein Selbstlernkurs.
Bei einer Aufzeichnung schauen sich die Leute den Workshop/ das Training/ das Seminar oder was-auch-immer passiv an.
Die Wahrscheinlichkeit ist jedoch hoch, dass sie die darin enthaltenen Aufgaben nicht machen.
Der Einwand, dass das bei den Leuten, die live dabei waren ja auch klappt, zählt hier nicht, denn diese Leute sind aktiv in das Kurs-Geschehen mit eingebunden.
Die Gruppendynamik zieht sie ein Stück weit mit und sie haben – im Gegensatz zu den Leuten, die die Aufzeichnung später schauen – die Möglichkeit, mit den anderen im Kurs zu interagieren. Dadurch sind sie ganz anders aktiviert, als wenn sie alleine vor einem Video sitzen.
Gerade die Frage, ob die Leute den Kurs aktiv bearbeiten oder sich einfach nur berieseln lassen, macht aber einen großen Unterschied, wenn es darum geht, ob sie wirklich was gelernt haben.
(Warum das so ist erkläre ich dir in dem Blogartikel übers ICAP Modell.)
Das erste Gefühl trügt hier leider oft.
Wenn ich mir eine Aufzeichnung von vorne bis hinten angeschaut habe, entsteht oft das Gefühl, ich hab jetzt was gelernt. Wenn es dann anschließend darum geht, die Sachen auch selbst zu machen, die in der Aufzeichnung gezeigt wurden, dann leuchten die Fragezeichen über den Köpfen auf.
Bei einem Selbstlernkurs ist Teil der versprochenen ‚Leistung‘, dass die Kursteilnehmer*innen bei der Umsetzung und Anwendung unterstützt werden. Dass sie Schritt für Schritt dabei begleitet werden, es dann selbst zu können.
Und das kann eine Aufzeichnung nicht im selben Maß leisten, wie ein ‚echter‘ Selbstlernkurs.
Was kannst du also tun, um mit möglichst wenig Aufwand aus deinem Live-Angebot einen Selbstlernkurs zu machen - der diese Bezeichnung auch verdient hat
Vom Live-Angebot zum Selbstlernkurs – In 5 Schritten.
1. Passe das Lernziel an
Überprüfe nochmal das Lernziel, ob das für den Selbstlernkurs genauso passt, oder ob es leicht abgeändert werden muss. In Live-Angeboten ist oft die Interaktion miteinander, das gemeinsame Lernen, und der Austausch Teil des Kursziels, was in einem reinen Selbstlernkurs so nicht immer möglich ist.
Auf Basis des Lernziels teilst du dann das Thema von deinem Live-Angebot in sinnvolle Kapitel auf. Das sind dann die einzelnen Module für deinen Selbstlernkurs
(Hinweis: Ein Modul muss nicht lang sein! Ein Modul ist einfach nur ein thematisch zusammenhängender Abschnitt in einem Kurs.)
2. Schneide aus deiner Aufzeichnung Kurz-Videos heraus.
Gestalte deinen Vortrag in deinem Live Angebot direkt so, dass du die einzelnen Abschnitte als Kurzvideos aus deinem Mitschnitt rausschneiden kannst, und du sie wie separate Lernvideos verwenden kannst.
Kurzvideos haben – im Vergleich zu der ‚Komplettaufzeichnung‘ folgenden Vorteil:
Die Lernenden im Selbstlernkurs schauen sich nicht mehr alles auf einmal hintereinander an, sondern bekommen mehrere kleine Abschnitte.
So kann das Gehirn all das viel besser verarbeiten und es bekommt Pausen. Und die Wahrscheinlichkeit, dass Leute zwischen zwei Videos die Aufgaben machen ist viel höher, als wenn sie auf Pause drücken sollen.
Achte dabei darauf, dass die einzelnen Abschnitte wirklich auch thematische Abschnitte sind, die möglichst in sich geschlossen sind.
Wenn du den Kurs schon gehalten hast, nimm dir nochmal deine Präsentation (falls du eine hattest) und nimm die einzelnen Input-Bereiche nochmal neu auf.
Das Wissen hast du ja alles schon da 😊
3. Verwende mehr Beispiele im Selbstlernkurs.
Dadurch, dass der Austausch mit den anderen Kursteilnehmer*innen wegfällt, nimm für deinen Selbstlernkurs mehr Beispiele mit rein, die du in die einzelnen Kursabschnitte ergänzt. So wird das Thema umfassender greifbar für die Teilnehmer*innen.
Zum Thema Beispiele gibt es bereits 2 Blogartikel, sodass ich hier nicht weiter da drauf ein gehe.
Hier kannst du das nachlesen:
Onlinekurs Beispiele – so nutzt du ihre Superkraft
Storytelling Beispiele – 6 Ideen, wie du Geschichten in deinem Onlinekurs verwenden kannst.
4. Ergänze die Input-Videos durch passende (!) Aufgaben und Unterstützungsmaßnahmen
Oft sind in einem Selbstlernkurs andere Aufgaben passender als in einem Live-Angebot.
Denn es fällt ja jegliche Interaktion erstmal weg.
Überleg dir also, welche Aufgaben deinen Kursteilnehmer*innen dabei helfen, das Thema in ihrem Kontext anzuwenden, und wie du sie dabei auf passende Weise unterstützen kannst.
Achte dabei darauf, was sie verstanden haben müssen und wo etwaige Stolpersteine lauern.
5. Beantworte die Fragen aus dem Live Kurs - an geeigneter Stelle
Dadurch, dass du den Kurs vorher live gegeben hast, hast du schon einige Einblicke bekommen, wo Fragen auftauchen konnten.
Wenn du dein Live-Angebot eh aufgezeichnet hast, schreib dir die Fragen raus und geh darauf in deinem Selbstlernkurs explizit ein. Und zwar genau an der Stelle, an der sie Thematisch in den Kurs passen.
Fazit
Wenn du dir nicht die Mühe machen möchtest, den dein Live-Angebot in einen Selbstlernkurs umzuwandeln, dann deklariere das bitte auch nicht so, sondern verkaufe es einfach nur als die 'Aufzeichnung' vom Workshop.
Das ist vollkommen in Ordnung.
Aufzeichnung haben definitiv auch ihre Berechtigung und es geht hier nicht darum zu sagen: Du MUSST einen Selbstlernkurs daraus machen.
Aber ein Selbstlernkurs ist einfach etwas anderes, als einfach nur eine Aufzeichnung.
Wenn du eh vor hast, später dein Live-Angebot in einen Selbstlernkurs zu verwandeln, dann kannst du all diese Sachen schon beim Erstellen deines Kurses mitdenken.
Also, dass du beispielsweise gleich passende Aufgabentypen für beide Formate ausarbeitest, zusätzliche Beispiele raussuchst, oder eben deine Präsentationsfolien so gestaltest, dass du das später gut auseinanderschneiden kannst.
Der Mehraufwand ist verhältnismäßig gering.
Die Teilnehmer*innen von deinem Selbstlernkurs werden es dir jedoch danken.
Bei individuellen Fragen, wie du das jetzt bei deinem konkreten Selbstlernkurs umsetzen kannst, bin ich gerne im Rahmen einer Onlinekurs-Sprechstunde für dich da.
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Slow eLearning - darum lohnt sich das für deinen Onlinekurs