Ein Blick in das Gehirn deiner Kursteilnehmer*innen - So werden Informationen verarbeitet

Wie funktioniert eigentlich Lernen? Was sorgt dafür, dass wir uns bestimmte Sachen merken - und andere selbst bei großer Mühe kaum in unser Gedächtnis wollen?

Die Lernpsychologie hat einige interessante Modelle entwickelt, die veranschaulichen, was beim Lernen passiert.
Wenn du weißt, was bei deinen Kursteilnehmer*innen da im Kopf los ist, kannst du deinen Onlinekurs so gestalten, dass das Lernen damit möglichst gehirnfreundlich und damit möglichst leicht für sie ist.


Möchtest du lieber hören als lesen?

Zu diesem Blogartikel gibt es auch eine Podcast-Folge mit dem gleichen Inhalt.

Ich liebe das Lernen.
In der ersten Folge zu meinem Podcast habe ich gesagt, ich bin so ein bisschen wie Hermine Granger.

Umso faszinierter war ich später, zu erfahren, was beim Lernen eigentlich passiert und wie Lernen an sich funktioniert.

Es war natürlich etwas enttäuschend, festzustellen, dass das nicht einfach nur ein magischer Prozess ist, aber ich kann mich auch für die neurobiologischen Vorgänge und das, was da im Gehirn passiert, unglaublich begeistern.

In diesem Blogartikel möchte ich dir die wohl bekannteste Theorie dazu vorstellen, wie unser Gehirn Informationen aufnimmt und verarbeitet.

Das Modell hat zwar schon ein paar Jahre auf dem Buckel, aber ist dennoch eine super Grundlage, um zu verstehen, was beim Lernen wichtig ist.



Das Drei-Speicher-Modell

Das sogenannte Drei-Speicher-Modell geht auf den Psychologen Richard Atkinson zurück.

Es ist eine Erklärung dafür, wie wir Informationen verarbeiten und speichern.

Das drei-Speicher Modell geht dabei von 3 Bereichen aus:
Das sensorische Register, das Kurzzeitgedächtnis und das Langzeitgedächtnis.

Ich sage hier Bereiche, auch wenn du dir das nicht wie spezielle Orte in unserem Gehirn vorstellen kannst.
Vielmehr sind das Funktionsbereiche. Also verschiedene Aufgaben, die unser Hirn dabei durchführt.


Das sensorische Register

Der Sensorische Register ist der Ort, an dem die Informationen ankommen.
Und zwar alle. Ausnahmslos.

Und da wird erstmal aussortiert.
Du musst beispielsweise nicht die ganze Zeit bewusst wahrnehmen, wie sich der Stuhl unter dir anfühlt, wie warm es gerade ist, oder ob es im Hintergrund irgendwelche Geräusche gibt, oder welche Farbe dein Tisch hat.


Du kannst dir das sensorische Register bildlich vorstellen, als würden die Informationen in eine große Ankunftshalle kommen.
Und da gibt es eine Tür zu einem exklusiven Bereich.

Davor steht ein Türsteher.
Der schaut sich alle an, die in diesen Empfangsbereich reinkommen, und entscheidet, wer in den exklusiven Bereich rein darf, und wer nicht.


Der exklusive Bereich ist das, was du - mehr oder weniger - bewusst wahrnimmst.

Kennst du diesen Effekt, dass du,  auch wenn du nicht genau zugehört hast, oft die letzten Worte von jemandem wiederholen kannst?

Das liegt daran, dass in dem Moment der Türsteher die Info bekommt: Das brauchen wir!
Und dann die Information doch noch schnell durchgewunken und sie kommt in dein Bewusstsein.


Alle anderen Infos in der Empfangshalle werden nach relativ kurzer Zeit wieder gebeten, weiterzugehen. Oder auch unsanft rausgeschmissen.
Je nachdem, wie du dir das gerne vorstellen magst.

Denn die interessieren gerade nicht. Also werden sie ausgeblendet. Immerhin kommen in jeder Sekunde auch unzählige neue Informationen an.


Was passiert mit den Infos, die es am Türsteher vorbei geschafft haben?

Sie kommen bildlich gesprochen einen Raum weiter ins Kurzzeitgedächtnis.


Das Kurzzeitgedächtnis

Das Kurzzeitgedächtnis ist ein vergleichsweise kleiner Raum. Wie so ein kleiner Konferenz-Raum. Dort passen etwa drei bis neun Informationen hinein. (Die genauen Zahlenangaben variieren je nachdem, welche Forschungsergebnisse du anschaust. Aber das ist ein ganz guter Richtwert.)

Im Kurzzeitgedächtnis werden die Informationen dann verarbeitet.

Es wird geschaut:

  • Wofür brauchen wir das?
  • Wo passt das zusammen?
  • Wo gehört das dazu?
  • Gibt es irgendetwas zu tun?


Wenn du die Info nur gerade für den Moment brauchst, weil du zum Beispiel merkst: es ist kalt und dir dann eine Jacke holst, dann wird die Information danach nicht großartig weiterverarbeitet.

Sie wird einfach weitergeschickt, denn in dem Konferenzraum ist ja nicht viel Platz. Wenn eine neue Infor rein will und schon voll ist, muss vorher auch immer erst irgendeine Info den Raum wieder verlassen.


Manche Sachen vergessen wir dann recht schnell. Es ist ja nicht wichtig, dass du in drei Jahren noch weißt, dass es heute an dem Tag kalt war und du eine Jacke gebraucht hast.

Wenn es aber etwas ist, das als merk-würdig eingestuft wird, wird versucht, die Information im Langzeitgedächtnis anzusiedeln.


Das Langzeitgedächtnis

Das Langzeitgedächtnis ist der dritte Bereich in dem Drei-Speicher-Modell.

Es ist der Ort, an dem sich all die Informationen befinden, die wir uns gemerkt haben. Auf die wir zurückgreifen können, ohne dass wir sie jetzt im Außen gerade präsentiert bekommen.

Wenn gerade eine Info in den Kurzzeitgedächtnis-Konferenzraum rein kommt und das mit etwas zu tun hat, das wir schon kennen oder wo das dazu gehört, wird auch gerne mal diese Information aus dem Langzeitgedächtnis mit in den Konferenzraum hineingeholt, dass wir die beiden quasi einmal zusammenbringen. Sie können sich miteinander austauschen, wir sehen, wo vielleicht Verbindungen sind, und dann wird das wieder als Information im Langzeitgedächtnis abgelegt - oder eben vergessen.



Lass mich das nochmal zusammenfassen.

Das Drei-Speicher-Modell ist ein Modell, in dem drei wesentliche Funktionsbereiche unseres Gehirns vorgestellt werden.

Das erste ist das sensorische Register. Hier kommen die Informationen an und werden aussortiert. Nur das, was hier als wichtig eingestuft wird, kommt weiter ins Kurzzeitgedächtnis.
Hier sind die Informationen, die in unserem Bewusstsein sind. Wir können sie durchdenken, verarbeiten, und vergleichen.

Und hier ist auch der Ort, wo Informationen landen, an die wir uns erinnern, die wir aus unserem Langzeitgedächtnis abrufen.

All das, was mehr oder weniger in unserem Bewusstsein passiert, passiert hier im Kurzzeitgedächtnis. Dem inneren Informations-Konferenzraum.

Das Langzeitgedächtnis ist dann schließlich der Ort, an dem die Informationen - wie der Name schon sagt - längerfristig gespeichert werden. Das gelingt unterschiedlich gut und hängt von verschiedenen Faktoren ab. Aber dazu ein andermal mehr.


Onlinekurse gehirnfreundlich gestalten - Tipps aus dem Drei-Speicher-Modell

Für die Gestaltung von einer Lernumgebung kannst du von dem Drei-Speicher-Modell für ein gehirnfreundliches Lernen zwei wichtige Tipps mitnehmen:


1. Die Informationen müssen für den Türsteher in der Empfangshalle so wichtig sein, dass er sie durchlässt. Ansonsten plätschern sie einfach nur unbeachtet an uns vorbei.

Wenn den Lernenden bewusst ist, wozu sie etwas brauchen, wobei ihnen das hilft und wie bestimmte Sachen zusammenhängen, ist das beispielsweise ein Signal an den Türsteher, die entsprechenden Infos durchwinken.


2. Im Kurzzeitgedächtnis können wir uns dann intensiv mit den Informationen beschäftigen.

Dieses hat dabei nur eine bestimmte, eingeschränkte Kapazität.

Ist diese ausgeschöpft, bildlich gesprochen: wenn alle Plätze im Raum belegt sind, müssen erst einzelne Informationen gehen, bevor neue wieder Platz haben.

Daher solltest du darauf achten, deinen Teilnehmer*innen nicht zu viel auf einmal vorzusetzen.

Da das Kurzzeitgedächtnis super faszinierend ist, gibt es dazu nochmal eine separate Podcast Episode. Da gehe ich dann noch genauer darauf ein.

Je aktiver wir uns mit den Infos auseinandersetzen, je tiefer werden sie verarbeiten und desto besser werden wir sie schließlich im Langzeitgedächtnis abspeichern. (Warum das so ist, kannst du im Blogartikel über das ICAP Modell nachlesen.)



So sieht es natürlich nicht in unserem Gehirn aus

Mit diesem Blogartikel hast du jetzt einen guten Überblick über eines der gängigsten Modelle, was bei der Informationsverarbeitung in unserem Gehirn so los ist.


Mir ist an dieser Stelle noch eine Sache wichtig zu sagen:

Es ist ein Modell. Es ist eine Möglichkeit, die komplexen Prozesse, die da in unserem Gehirn ablaufen, zu verdeutlichen.

Dass es da keinen Konferenzraum, keinen Türsteher und keine Empfangshalle gibt, muss ich dir wahrscheinlich nicht sagen.


Aber auch Informationen liegen nicht einfach an bestimmten Orten im Gehirn herum, und wir müssen sie nur finden. Vielmehr ist jede Erinnerung ein komplexes Zusammenspiel von Neuronen.

Wie so ein bisschen bei einem Computer Bildschirm, wo die einzelnen Pixel unendlich viele verschiedene Bilder anzeigen können.
Da lässt sich auch nicht sagen: Das wunderschöne Bild von der Küste Irlands liegt auf dem Pixel 71932. Das Bild entsteht erst durch das Zusammenspiel aller Pixel im Anzeigebereich.


Was natürlich wieder ein Modell ist, aber dem, wie Informationen im Gehirn gespeichert werden, näher kommt, als die Vorstellung von einer weitläufigen Bibliothek, wo wir nur das richtige Buch finden müssen.



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